Flamenco trifft Schiller
Konzept
Flamenco trifft Schiller
Konzert für eine Flamencogitarre und einen Schauspieler
Mit Uwe Neumann und Georg Kempa
Flamenco und klassische deutsche Dichtung ?
Da stehen sich doch zwei völlig unterschiedliche Genres völlig fremd und fremdelnd
gegenüber, möchte man meinen.
Der Gitarrist Georg Kempa und der Schauspieler Uwe Neumann suchen in ihrem
durchaus experimentellen Programm nach verborgenen Verwandtschaften, nach
möglichen Wechselwirkungen und gegenseitigen Befruchtungen zwischen den
Kulturen.
Und fügen so zusammen, was scheinbar nicht zusammengehört.
In der Brücke am Tay von Fontane zum Beispiel imitiert die Gitarre lautmalerisch den
drohend sich der Brücke nähernden Zug und treibt ihn mit immer schnellerem
Rhythmus der Katastrophe zu, treibt auch den Schauspieler weiter, der sich zunächst
dagegenstemmt mit seiner Erzählung, dann aber nur noch aufspringen kann auf das
entfesselte Gitarrentempo, bis beide in einem gewaltigen Fortissimo enden.
Das Unglück ist geschehen, und es folgt eine fassungslose Generalpause beider
Akteure. Bis die Gitarre aufs neue die Initiative ergreift und mit einem leicht bewegten
Fandango das Klangbett schafft, in dem der Darsteller die drei Hexen vom Anfang
wieder auftreten läßt, die die Katastrophe verursacht hatten- und sie nun höhnisch
kommentierend zum Anlaß nehmen, naive Technikgläubigkeit in Frage zu stellen.
Oder die Gitarre läßt ein romantisches Tremolostück erklingen, leicht bewegt und
melancholisch, in das sich das erst tief verzweifelte und dann doch noch Hoffnung
schöpfende Trost von Mörike so harmonisch einfügt, als sei es eigens dafür
geschrieben worden.
Oder aber die Gitarre spielt ein Solo, eine kraftvolle Farruca, gegen Ende immer
temperamentvoller und heftiger werdend und liefert mit dem letzten Akkordschlag
soüberzeugend den Auftakt für Schillers Bürgschaft, als würde der dramatische
Impuls für diese immer noch aktuelle Geschichte vom Aufstand gegen Diktatur und
von unerhörter Opferbereitschaft direkt aus der Musik kommen.
So durchdringen sich Musik und Dichtung gegenseitig in immer wieder wechselnden
Konstellationen, spiegeln sich ineinander, treiben sich an, entfernen sich voneinander
und nähern sich einander aufs Neue.
Georg Kempa und Uwe Neumann haben einen Abend gestaltet, an dem sich zwei
unterschiedliche Kulturen einmal völlig anders begegnen können.